Vienna 12 November 2024

Alice Attie

Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder, Wien

Chaos und Ordnung, Systeme, Kurven, Kräfte und Unberechenbares — Alice Attie erforscht in ihren Zeichnungen Phänomene, versucht sie zu erfassen, auf ihrem Papier nachzuempfinden. So begeistert sich die in New York lebende Künstlerin für die Sprache, ihre Zeichen, den Schwung von Sätzen, ihre Schönheit, aber auch für die Ecken und Kanten der Buchstaben. Sie befasst sich mit dem Potenzial, das zu guter, aber auch zu Misskommunikation führen kann. Attie verteilt Buchstaben in präziser Unordnung auf einem Blatt, sodass sie in ihrem massenhaften Zusammenspiel eine neue Form ergeben, ein Universum der Zeichen. Eine Aneinanderreihung der Worte schlägt buchstäbliche Wellen auf dem Papier. Die Wiederholung und die vereinzelten Abweichungen von Gesten sind das Werkzeug, mit dem Attie eine mathematische Zärtlichkeit, eine geometrische Poesie erzeugt. Auch ihr Interesse an der Wissenschaft, vor allem der Philosophie und Physik ist ihren Blättern abzulesen. Nicht nur, wenn sie ihre Mitschriften aus Seminaren in Zeichnungen übersetzt, auch dann, wenn sich verschiedenfarbige Bausteine mit ausgefransten Kanten zu einem „Building“ stapeln, ohne wirklich aufeinander zu bauen. Die quadratischen Bausteine schweben übereinander und erzeugen doch ein Gefühl von Statik. Eine Stabilität entsteht, aber auch eine Lücke, an der die Kunst das Gleichgewicht hält. Alice Atties Zeichnungen sind am Stand der Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder aus Wien zu sehen.

Vienna 12 November 2024

Alix Stadtbäumer

arToxin, München

Organische Formen begeistern Alix Stadtbäumer. Alltagsgegenstände jedoch auch! Aus Karton formt die Künstlerin überdimensionale Schrauben, ein Fernglas so groß wie ein Kleinkind oder einen Klebebandroller mit scharfen Zähnen. Umgeben von skulpturalen Schlingpflanzen und Drucken von Gestein und Tulpen, ergibt sich ein künstlerisches Sammelsurium. Ein botanisches und auch bürokratisches Archiv von vertrauten Objekten? Alix Stadtbäumers Garten wächst und gedeiht im Dazwischen vom Praktischen und Floralem. Dort ist auch ein prächtiger „Laternenbaum“ zu bewundern, ist doch klar. Zu sehen sind Alix Stadtbäumers Arbeiten beim Stand von arToxin aus München.

Vienna 12 November 2024

Judith Eisler und Carsten Fock

Charim Gallery und Zeller von Almsick, Wien

Was haben Judith Eislers und Carsten Focks Arbeiten gemeinsam? Vermutlich ist es das Verschwommene, die Magie in der eingefangenen, nur scheinbaren Realität. Judith Eisler malt ein Bild, das dem Film entnommen ist. Sie hält ihn an, stoppt einen Moment, der voller Spannung oder Emotionen steckt, fotografiert den Bildschirm ab und übersetzt die fotografierte Filmszene dann in Malerei. Die Ebene, die im Film Realität vortäuscht, bekommt mit Eislers Praxis zwei zusätzliche mediale Schichten, die irgendwo zwischen sich eine neue Wahrheit verwahren. Ihre Bilder haben eine Anziehungskraft, die in einer Meta-Realität gedeiht.

Auch Carsten Focks Arbeiten bestechen durch ihre Unschärfe, durch die Natur, die reale Welt, die sich irgendwo hinter dem Dampf aufbäumt, der schemenhafte Berg, dieser Hauch von Blau. So romantisch, wie sich diese mächtige, scheinbare Natur auf seinen Blättern ausbreitet, soll die Farbe, der händische Auftrag dieser, immer auch Verweis auf das Prozesshafte der Malerei sein. Die Farbe auf dem Untergrund ist real, der Rest? Vielleicht auch. 

Mit der Charim Galerie und Zeller van Almsick, beide aus Wien, teilen sich zwei Galerien und zwei künstlerische Positionen einen Stand – und schaffen eine verschwommene Realität.

Vienna 12 November 2024

David Roth

Elektrohalle Rhomberg, Salzburg

David Roth versteht „Landschaftsmalerei“ wortwörtlich. Er lässt die Landschaft selbst malen, bleibt selbst nur eine navigierende Instanz im Hintergrund. Seit 2009 zieht Roth seine nur grundierten Leinwände immer wieder durch die Natur. Einmal wanderte er zwei Tage von der eigenen Wohnung durch den Wiener Wald hin zu einer Ausstellungseröffnung, wo Roth das entstandene, von der Landschaft gemalte direkt in dem Ausstellungsraum präsentierte. Roths Arbeiten entstehen nebenbei, er fasziniert sich für das Beiwerk, das durch seine Handgriffe und Inszenierung Hauptwerk wird. Startpunkt dieser der Kunst selbst überlassenen Praxis bildete seine Arbeit „A history of painting“. Die vier großen Fahnen nähte er aus vielen kleinen Tüchern zusammen - gesammelte Tücher, mit denen er über die Jahre seine Pinsel reinigte. Teile seiner Serie „Flower Paintings“ werden auf der paper positions vienna von der Elektrohalle Rhomberg aus Salzburg gezeigt. Statt Pinsel nimmt Roth hierfür verschiedene Blumen in die Hand, die dann ihren ganz eigenen Duktus auf das eigens hergestellte Papier bringen. Sie lassen sich leiten, aber nie kontrollieren. Fließend ziehen die Blüten ihre Tintenbahnen, blühen auf dem Papier ein zweites Mal auf. Eine Sonnenblume transformiert zur Tinten-Palme. Die Natur ist David Roths Utensil.

Vienna 12 November 2024

Ingrid Cogne

Galerie Michaela Stock

„Verwinkelt“ ist das Wort, das Ingrid Cognes Arbeiten verbindet und beschreibt. Die Künstlerin arbeitet und erforscht Material, Zeit und Sichtbarkeit. Sitzmöbel verselbstständigen sich auf ihrem Papier, überlappen, haben keine Sitzfläche mehr, sind nur noch tanzende Beine („Jeux de jambes“). Wort und Material fügen sich zusammen, ein Buch entsteht, lässt sich blättern und entwickelt seinen Inhalt, seine künstlerische Aussage mit jeder Seite neu. Eine Bank aus Karton beschreibt sich selbst mit den Worten „Im-material Matter-s“, sagt sie uns, dass sie gar keine Bank ist? Ist es mehr Karton als Bank? Ist es einfach Material, das sich aufgrund seiner bloßen Anwesenheit mit Bedeutung auflädt? Daraufsetzen mag man sich jedenfalls nicht so recht. Obwohl alle auf der paper positions von der möglichen Stabilität von Pappe und Papier wissen, strahlt dieses Modell mit seinen verschieden schmalen Beinen kaum Tragkraft aus. Anders als das Papp-Mobiliar der Messe. Das Material trägt sich selbst, trägt den Schriftzug, der die Materialität bezeugt, aber auch hinterfragt. Das muss doch auch reichen! Ingrid Cogne befreit die Gegenstände von ihrer Nützlichkeit, lässt ihnen so Freiheiten zu atmen, ihre Funktion selbst zu entwickeln. Es ist den Objekten und ihren Betrachter:innen selbst überlassen, die Verwinkelungen zu lesen. Die Arbeiten von Ingrid Cogne werden von der Galerie Michaela Stock aus Wien auf der paper positions vienna gezeigt.

Vienna 12 November 2024

Dan Vogt

Shore Gallery, Wien

Peter Pan schwingt sein Schwert, große blutrote und grüne Spritzer fliegen umher. Peter Pans Körper wirft einen architektonischen Schatten und Schachfiguren schlackern, schießen und fallen umher. Dan VogtsKugelschreiberzeichnungen sind märchenhaft und doch durchzieht sie eine Brutalität, die kaum zu begründen ist. Diese blutähnlichen Spritzer können es eigentlich nicht sein, das könnte auch Schweiß sein, denn Bewegung gibt es jede Menge. Das Blatt steht an keiner Stelle still, selbst das rote Schloss am Horizont scheint zu zerfließen, Treppen so präsent, laden permanent zum Aufstieg ein. Aber sollte man da wirklich hochgehen? Ein Arm mit grünem Ärmel ragt körperlos in das Bild, zeigt mit rot geschwollenem Zeigefinger irgendwo hin. Wir zeigen auf Dan Vogt und die Shore Gallery aus Wien, es ist so wunderbar suspekt.

Vienna 12 November 2024

Mimmo Palladino

Brita Prinz Arte, Madrid

Pferde springen und Köpfe rollen. Wild gewordene Linien, geometrische Flächen und intensive Farben prägen das Oeuvre des italienischen Künstlers Mimmo Paladino. Er zählt neben großen Namen wie Francesco Clemente zu den italienischen Transavangardisten. Sie lehnten die minimalistischen Tendenzen und die Konzeptkunst der 60er ab und reagierten, indem sie sich auf traditionelle Techniken der Malerei und Skulptur zurückbesinnen und sich frei allen Mitteln der Kunst bedienten. Inspiriert von prähistorischer Figuration, Symbolik und Mythologie der Renaissance und Antike entstanden Arbeiten, die in ihrem Kern ganz pur die absolute künstlerische Freiheit zelebrieren. Paladino and Friends lehnen die Zuschreibung zu einer konkreten Stilistik ab und gründen gerade in dieser Ablehnung eine eigene. Künstlerisch ausgetobt hat sich Paladino mit sämtlichen Materialien; auch auf Papier. Brita Prinz Arte aus Madrid zeigt einige seiner Papierarbeiten, die voll Freiheit strotzen, sich nicht beirren lassen von jeglichem Kategorisierungsdrang der Gegenwart. Paladinos Arbeiten sind wohltuend rotzig, kräftig und eigensinnig. Echte Vor-bilder.

Berlin 12 März 2024highlight

Henrik Eiben und Lyonel Feininger

SCHWARZ CONTEMPORARY, Berlin
und Thole Rotermund Kunsthandel, Hamburg

Lyonel Feininger (1871 - 1956) ist ein Begriff. Dorfkirchen, Gassen, Geometrie – im Umkreis des Blauen Reiters und als Teil der berühmten Künstlergruppe “Die Brücke” gilt der Künstler als bedeutender Wegbereiter der Klassischen Moderne. Angefangen in der Karikatur fand Feininger zunehmend seinen eigenen Ausdruck, erprobte sich in der Druckgrafik und entwickelte sich Anfang des 20. Jahrhunderts hin zu scharfkantigen, kubistisch-multiperspektivischen Zeichnungen, in denen er sich überwiegend der Architektur kleiner Städte widmete.

In zackig und doch milder Ästhetik reichen sich Henrik Eiben und Lyonel Feininger über das Jahrhundert, das zwischen ihnen liegt, die Hand. In klaren Linien, Farbflächen, die teilweise stark verwässert miteinander reagieren und zufällige Bahnen einschlagen, filtert Henrik Eiben eine form- und farbsprachliche Essenz aus Feiningers arbeiten heraus. Erstmals bei der paper positions berlin zeigen zwei Galerien zwei Positionen, die in direktem Bezug zueinanderstehen. Gegenübergestellt werden Henrik Eibens Reaktionen auf Lyonel Feiningers Originale. Eibens Blick auf Feininger verdeutlicht in ihrem Gegenüber eine gemeinsame Nähe zu Witz und Bedacht. Jedem seine Dynamik, aber ein gemeinsames gelegentliches Schmunzeln.

Henrik Eiben wird vertreten von SCHWARZ CONTEMPORARY aus Berlin und Lyonel Feininger von Thole Rotermund Kunsthandel aus Hamburg.

Berlin 11 März 2024highlight

Tim Berresheim

Galerie Elisabeth & Reinhard Hauff, Stuttgart

Das Auge sammelt Informationen und leitet sie an das Gehirn weiter. Innerhalb dieser Kooperation wird stets versucht zu erkennen, Analogien zu bereits Bekanntem zu finden und Bilder zu entschlüsseln. Tim Berresheims Werke fordern diesen Prozess heraus. Was in seinen Bildern zu sehen ist, ist für das Auge kaum zu klären. Sie geben Rätsel auf, verlangen ein taktiles Sehen und laden sich dann mit Inhalten auf, die sich jeglicher Logik entziehen. Bahnen verschiedener Texturen verschlingen und verknoten sich, erinnern an einen Wulst aus Haaren, ein Band aus Styropor, Knetmasse und ein Streifen kariertes Papier, das einen auf die Schulbank zurückkatapultiert. Surreale Objekte entstehen, wenn Tim Berresheim Fragmente am Computer generiert und zusammenfügt. In einem undefinierbaren Raum winden sich die Materialien, fließt flüssiges Metall und kringeln sich die Linien. Man kann sich in seinen Arbeiten verlieren, Gedankensträngen nachgehen, die ins Leere laufen und erfahren, wie befreiend es sein kann, etwas nicht gänzlich zu begreifen.  Tim Berresheims Arbeiten werden von der Galerie Elisabeth & Reinhard Hauff aus Stuttgart gezeigt.

Berlin 11 März 2024highlight

Farniyaz Zaker

O Gallery, Teheran

Zarte Pflänzchen recken ihre hauchdünnen Wurzelarme erfolglos nach der Erde aus, sie hängen in der Luft, eingezäunt von breiten schwarzen Konturen, die ihren Lebensraum begrenzen wie ein asphaltierter Gehweg einen Vorgarten. Akkurat von Farbe eingezäunt, können Labkraut und Co. auf dem Papier von Farniyaz Zaker nur auf ihre gesundheitsfördernden Kräfte verweisen. In ihrer eingeschränkten collagierten Umgebung werden sie schon bald ihre Köpfe hängen lassen. Mit ihrer Serie “Dress Code for a Cul-de-Sac” referiert Farniyaz Zaker im Aufeinandertreffen von fragiler Pflanze und anorganischer Geometrie auf das Moment des Inklusiven und Exklusiven, darauf ein Teil von etwas zu sein, aber doch nicht wirklich. Sie feiert die Schönheit eines Gartens, der doch gleichzeitig immer seiner Charaktereigenschaft untertan bleibt, nur ein Ausschnitt der Natur zu sein. Am Stand der O Gallery aus Teheran blühen Gedanken über Be- und Ausgrenzung auf, die Entwurzelung wird fragiles Bildthema.

10 Mai 2024

Der Blick zurück: paper positions berlin 2024

"Dass eine Messe nicht durch Masse besticht, untermauert das luftige Salonformat in der historischen Halle der Telekom Hauptstadtrepräsentanz." - tagesspiegel 26.4.

2024 zeigten 60 Galerien aus 11 Ländern über 150 künstlerische Positionen. Zudem wurden 3 Awards überreicht.
Die vier Tage waren geprägt von positiven Berichten seitens der Galerist:innen und Besucher:innen. Sie alle schwärmten von der offenen und familiären Atmosphäre, davon, wie viele neue Kontakte sie über die Messetage knüpfen konnten und wie viele vor allem junge Sammler:innen kauften. Aussteller:innen haben sehr gute Verkäufe zu verzeichnen, sehr viele Galerien waren am Ende der Messe fast vollständig ausverkauft.

Mit dem LEUE&NILL Award wurde die von SCHWARZ CONTEMPORARY und Thole Rotermund Kunsthandel gezeigte Duo-Präsentation von Henrik Eiben, der künstlerisch auf  Lyonel Feiningers Werke reagierte. Die Gewinner des diesjährigen Paper Art Awards sind Asareh Akasheh (Sammlung und Residency Olivier von Schulthess), Leonie Mertes (Galerie Heike Strelow), Rikuo Ueda (Mikiko Sato Gallery), Noriko Ambe (AOA;87), Hiroyuki Abe (Mikiko Sato Gallery).

Berlin 25 Februar 2024

Der Blick zurück: paper positions berlin 2023

“Qualitätsvoll, lichtdurchflutet, für Durchschnittsverdienende bezahlbar und tatsächlich von herzlich Stimmung: die "Paper Positions”, Frühjahresableger der Berliner Kunstmesse ”Positions Berlin” und mit Auftritten in fünf europäischen Städten, zählt zu den heitereren Kunstmessen." - tip Berlin

Mit über 16,000 Besucher:innen konnte die paper positions und ihre teilnehmenden Galerien ein positives Fazit der siebten Ausgabe der Messe in Berlin ziehen. Vier Tage lang sind Besucher:innen im Lichthof der Telekom Hauptstadtrepräsentanz auf Papier-Entdeckungstour gegangen, konnten ihre Sammlungen erweitern oder ihre ersten Werke erstehen. Am Donnerstagnachmittag erhielt die Galerie Malte Uekermann Kunsthandel den LEUE & NILL-Award für Jens Hankes Einzelpräsentation; die Künstlerinnen Ursula Sax (Semjon Contemporary), Gisoo Kim (mianki.Gallery), Amparo Sard (Galerie Anita Beckers), Brian Dettmer (Galerie Commeter) und Taniguchi Kenichiro (Mikiko Sato Gallery) wurden mit dem PAPER ART AWARD Award ausgezeichnet.

paper positions award 2023

Die Gewinnerin des Paper Positions Awards 2023 ist Katharina Hinsberg (Galerie Werner Klein). Der Preis wird von POSITIONS Berlin realisiert und von Kaiserwetter unterstützt.

Katharina Hinsbergs Arbeiten bestechen durch ihre Leichtigkeit und Feinheit. Mit rotem Farbstift schraffiert Hinsberg das Papier und schneidet die Linien mit einem Skalpell aus. Zerbrechlich hängen ihre hauchdünnen Papiergerüste auf zarten Nadeln. In ihrer verspielten und bescheiden Art färben Hinsbergs Arbeiten auf ihre Betrachter:innen ab. Sie motivieren nicht nur in der Handhabung der Arbeiten, sondern auch darüber hinaus zu mehr Feingefühl.